Dr. Martin Reti 26. Oktober 2015

Der Datenmassen Herr werden – Big Data auf der Marketing-Agenda

Interview mit Stephan Kaiser Stephan Kaiser ist Mitglied des PAC Group Executive Committee. Als Vertreter des Analystenhauses hat er einen umfassenden Überblick über die relevanten Themen an der Schnittstelle zwischen IT und Business. Er hat sich auf Fragen der Customer Experience spezialisiert und zeichnet verantwortlich für die strategische Entwicklung des Analystenhauses. Wir sprachen mit ihm über die Veränderungen, die Big Data in der Market Intelligence auslösen kann.
Als Vertreter eines Analystenhauses sind Sie mit dem Thema Big Data vertraut. Können Sie das für unsere Leser kurz definieren?

Zunächst stellt sich natürlich die Frage, wie neu das Thema tatsächlich ist. Business-Intelligence- und Data-Warehouse-Lösungen sind ja schon seit Jahren in Unternehmen im Einsatz. Die neue Dimension im Rahmen der aktuellen Diskussion um Big Data ist dem schieren Umfang und der Unterschiedlichkeit der Daten geschuldet. Zudem verändern sich die Daten und Datenbestände rapide. Was gestern noch galt, muss heute schon nicht mehr richtig sein.

Welche Perspektiven für das Business bietet Big Data generell?

Stephan Kaiser, Senior Vice President, Pierre Audoin Consultants

 

Stephan Kaiser, Senior Vice President, Pierre Audoin Consultants 

Bei dieser Frage ist die Bezeichnung "Big Data" etwas irreführend. Besser wäre es, von Smart Data
zu reden. Denn es ist nicht nur die Menge von Daten, sondern es ist die aus ihr gewinnbare Aussagekraft, die den Daten einen Wert gibt. Generell ermöglicht Smart Data Unternehmen neue Einblicke und bietet so das Potenzial für bessere Entscheidungen – vor allem da, wo es auf Geschwindigkeit ankommt.

In welchen Branchen sehen Sie das größte Potenzial für Smart Data?

Große Potenziale bieten solche Analysen in der Finanzbranche. Geld, das Handelsgut von Banken und Versicherungen, besteht heute ohnehin im Wesentlichen aus Daten. Dazu kommt die große Menge an täglichen Transaktionen, aus denen sich das Gesamtbild zusammensetzt. Die Auswertung dieser Daten bietet direkt Informationen über die aktuelle Situation und erlaubt verschiedenste Prognosen. Aber auch das Gesundheitswesen könnte, würden die regulatorischen Rahmenbedingungen entsprechend angepasst, von solchen Analysen profitieren. Beispielsweise hinsichtlich des schnelleren Informationsaustauschs und der Effizienz der Patientenbehandlung.
Aber auch für die zukünftige Energieversorgungs-Landschaft können Big-Data-Analysen ein wichtiger Puzzlestein sein. Denken wir nur an Smart-Home-Initiativen und die Verbrauchsdaten-optimierte Nutzung von Energie. 
Zwei branchenübergreifenden Themen sind die zielgenauere Ansprache von Konsumenten sowie der Einsatz von Machine-to-Machine (M2M)-Kommunikation, das Internet der Dinge.

Sehen Sie Unterschiede zwischen B2B und B2C?

B2C ist ganz klar der Vorreiter. Google, Apple, Amazon gehen hier voran. Das Geschäftsmodell von Facebook basiert auf dem Einsatz von Big Data. Aber auch die Retailer und bekannten Markenunternehmen für Konsumenten verfügen über entsprechend hohe Datenmengen, deren Auswertung lohnt. Bei B2B ist das eher selten der Fall. Hier sind es die Daten aus Maschinen (M2M), die einen Einsatz von Big-Data-Technologien ermöglichen und operative Prozesse optimieren.

Big Data für Marketing – ist das eher ein Strohfeuer oder hat das echtes Potenzial?

Auch im Marketing wird die Rolle von Datenanalysen immer wichtiger werden. Und das auf zwei Ebenen: Zum einen erlauben Analysen eine wesentlich strukturiertere Planung von Kampagnen, was in einer höheren Effizienz der Budgets mündet. Auf der anderen Seite ist das Marketing immer gefordert, seinen Wertbeitrag für das Unternehmen darzulegen. Das data-driven Marketing erlaubt auch eine transparente und aussagekräftige Evaluation der Marketingleistungen.

Übrigens liegt hier auch ein großes Potenzial für die Vorqualifizierung von Kundenkontakten. Wenn das Marketing in Europa den Weg zum Business-Partner beschreiten will, führt kein Weg daran vorbei, sich über eine breitere Analytik mehr in die Leadgenerierung einzubringen.

Sehen Sie Unterschiede zwischen B2B und B2C? IT-Dienstleister bieten derzeit gerne Big-Data-Projekte an. Wie sehen sie den aktuellen Einsatzgrad und die Perspektiven für einen internen Einsatz gerade bei IT-Häusern?

Die Perspektiven sind zweifelsohne vorhanden. Gerade größere IT-Häuser unterhalten ja Market-Intelligence-Einheiten, die ohne Weiteres auch auf die Produkte zurückgreifen könnten, um spezifische Fragestellungen von Markt und Wettbewerb zu analysieren und so Handlungsempfehlungen für das Management zu schaffen. Unsere Beobachtung ist aber, dass diese Weiterentwicklung des Marketing aber momentan eher perspektivisch ist. Nur die wenigsten IT-Unternehmen setzen Big-Data-Marketing-Intelligence bis dato als strategisches Element ein.

B2C Gleiches gilt auch für Analystenhäuser: Wie sehen Sie die Beziehung zwischen Big Data Analysen für Marketingzwecke und Analystenhäusern - Konkurrenz oder Ergänzung?

Definitiv ein "sowohl, als auch". Wo eine Chance ist, da existiert auch immer ein Risiko. Big-Data-Marktanalysen werden die Erkenntnisse des traditionellen Analysten-Vorgehens ergänzen und abrunden. Daher liegt in solchen Analysen eine strategische Chance. So ließen sich beispielsweise Einstiegsprozesse in die Analyse sehr viel stärker analysieren. Das erweitert die Menge der Informationen, die verarbeitet werden können. Damit können auch kleinere Analystenhäuser effizienter arbeiten und bei begrenzten Ressourcen auf Ballhöhe zu den Entwicklungen des Marktes bleiben. Wer sich zuerst darauf einstellt, der wird sich einen Wettbewerbsvorteil sichern. Diejenigen, die den Trend ignorieren, werden intensiv daran arbeiten müssen, aufzuzeigen, welchen Mehrwert sie bringen.

Wie wird PAC mit diesem Thema umgehen?

Wir betrachten das Thema in einem größeren Rahmen, d.h. wir prüfen dauerhaft, wie und wo wir Technik einsetzen können, um besser zu werden. Wir wollen aus der Vielzahl von Informationen die relevanten Aspekte extrahieren – bei weitgehender Automatisierung. Für uns steht im Vordergrund, wie wir durch semantische Analysen die Informationen aus dem Web aufbereiten können, um unsere "Time to qualified information" radikal zu verkürzen.

Werden Sie sich dadurch auch verändern, was Ihre Kompetenzen angeht? Beispielsweise hinsichtlich Technik?

Auch bei einem breiteren Einsatz von automatischen Auswertungen werden wir bei unseren Kernkompetenzen bleiben: Der Auswertung und Interpretation der Daten. Zusätzliche technische Kompetenzen werden wir einkaufen. Wir sehen sie nicht als strategisch, sie bieten nur eine geringere Differenzierung. Der Mehrwert für unsere Kunden entsteht auf der Ebene der Interpretation und Beratung. Wir werden dieses Mehr an Information verwenden, um uns weiter darauf fokussieren, unseren Kunden Handlungsempfehlungen zu bieten, indem wir mit ihnen Visionen für ihr Geschäft entwickeln.

Apropos Vision: Was können wir von Marktforschern bzw. Analystenhäusern 2025 erwarten?

Meine Vision ist es, noch mehr Kundenkomfort zu bieten. Das könnte so aussehen: Über eine Sprachanfrage à la Siri kann der Kunde seine Frage formulieren. Das löst eine Anfrage an unsere verschiedenen Datenbanken aus. Eine intelligente Zwischenschicht übernimmt die Aggregation der Daten und die visuelle Aufbereitung, sodass der Nutzer in Minutenschnelle ein Ergebnis hat, bei dem er auf einen Blick die für ihn essenziellen Aussagen erhält. Sozusagen MI to go.

Gleichzeitig bringt uns das in die Lage, dass wir nicht nur bei den Business Analysten wahrgenommen werden, sondern auch bei Business-Entscheidern, Business Developern, Partner-Managern, CxOs etc.

Vielen Dank für Ihre Einblicke.

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne. 

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Dr. Martin Reti

Senior Consultant

Martin ist als Senior Consultant zuständig für eine breite Palette von divia-Themen, seien es klassische Marketinginstrumenteoder digitale Medien. In seiner Rolle berät er Unternehmen bei der Einführung von Social Media, bereitet im Content MarketingInhalte werthaltig auf und dient als Sparringspartner und Promotor von neuen Marketing-Ideen.

Martin hat langjährige Erfahrung im strategischen Marketing. Einerseits konzipiert er Marketingkampagnen, andererseits fühlt er sich auch als Umsetzer sehr wohl. Neben Auftragsarbeiten hat er auch eine große Zahl von Fachveröffentlichungen über Themen der digitalen Welt publiziert. Er ist ein gewinnender Referent zu Themen wie digitaler Transformation, Social Mediaund Cloud Computing. In seiner Rolle als “Übersetzer” und “Erklärer” vermittelt er komplexe (technische) Inhalte einfach und verständlich. Dabei kommt ihm sein analytischer Blick als Naturwissenschaftler zugute.

Als digitaler Immigrant versöhnt er die Welt des klassischen Marketing und das digitale Universum. Er hat langjährige Erfahrung in der ICT-Branche und kennt die aktuellen Themen, die Unternehmen – heute, häufig aber erst morgen – umtreiben: Big Data,Cloud Computing, Mobile, Collaboration & Co. In der Vergangenheit hat er aber auch Querschnittsthemen wie Prozesse und Personal unterstützt und sogar zwei Jahre als Social Media Manager in der Personalwirtschaft gearbeitet.

Martin ist im Netz bei Facebook,Twitter, Linkedin, Xing, Google+ und vielen weiteren Plattformen und Netzwerken zu finden. Ebenso schreibt er in unserem divia-Blog über seine Schwerpunktthemen. Beim Bitkom engagiert er sich im Arbeitskreis Cloud Computing & Outsourcing.

In der Freizeit engagiert sich Martin als Familienvater dreier Kinder und als Kirchengemeinderat u.a. in der Kinder- und Jugendarbeit der evangelischen Kirche. Martin ist immer bereit für ein gepflegtes Karten-, Würfel- oder Brettspiel. Als weiteres Hobby veröffentlicht er Rätsel auf seinem Blog. Aber auch im Freien ist der passionierte Freizeitläufer anzutreffen.

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