"Haste mal ne Mark?" - die Babyboomer erinnern sich noch an das geflügelte Wort und an eine Zeit, in der man mit einer Mark tatsächlich noch etwas anfangen konnte. Heute, da das große Euro-Geld elementarer Bestandteil jeder Nachrichtensendung geworden ist, verschwindet unbemerkt das klimpernde Bargeld aus unseren Taschen und von unseren Straßen, so dass es zukünftig wohl heißen wird: "Hast mir mal 'nen Klick?".
Kollateralschaden: Auch er wird sich was einfallen lassen müssen |
Apple, Google, Samsung – das Heer der führenden Smartphone-Hersteller macht mobil. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Alle drei pumpen Milliarden in mobile Bezahldienste. Mobile Payment – die Bezahlvariante der Zukunft? Zumindest die deutschen Banken zittern, glaubt man einer Befragung von Sopra Steria Consulting unter deutschen Bankentscheidern. 92 Prozent sehen sich durch neue Wettbewerber in ihrem Kerngeschäft bedroht. Damit, so scheint es, fügen Apple, Google & Co. ihrem Eroberungszug quer durch die Branchen nun ein weiteres disruptives Kapitel hinzu: die Bankbranche.
Obwohl man der Idee einen gewissen Charme nicht absprechen kann, steckt momentan jedoch das mobile Bezahlen noch in den Kinderschuhen: PWC sah in seiner Studie "Mobile Payment in Deutschland 2020" ganze 176.000 Deutsche, die mobil bezahlten. Gleichzeitig erwarten die Studienautoren aber 11 Mio. mobile Bezahler für 2020.
Letzteres ist übrigens auch die Zielmarke, die MasterCard den europäischen Einzelhändlern für das kontaktlose Bezahlen gesetzt hat. Vielleicht hat der Kreditkarten-Anbieter das Beispiel der Konkurrenz vor Augen: Visa berichtete bereits im Mai 2014 einen Umsatz von 126,7 Mio. Pfund mit der Technik in Großbritannien. Es müssen also nicht nur Mobiltelefone sein, es können auch weiterentwickelte (kontaktlose) Kreditkarten sein, die das schnelle Bezahlen erlauben. Oder Armbänder, wie Wirecard zeigt. In den USA behaupten zwei Drittel der Smartphone-Besitzer sogar, sie fänden das Bezahlen mit einem Wearable komfortabler als mit einem Handy.
Natürlich ist es für die Internet Companies naheliegend, ein Produkt, das bereits einen derart hohen Virtualisierungsgrad wie Geld erreicht hat, auch in den Fokus zu nehmen. Doch an den etablierten Banken wird dabei (noch) kaum ein Weg vorbeiführen. Die Frage ist vielmehr, ob sich die Banken das einfach so gefallen lassen. Oder ob sie nicht ihre Position und Reputation im Markt ausnutzen und sich nicht auch ein Stück vom mobilen Kuchen abschneiden.
In anderen Teilen der Welt ist das schon Realität. In Kenia hat M-Pesa, der führende Anbieter für mobile payment, 17 Mio. Kunden und bewegt 43 Prozent des kenianischen Brutto-Inlandprodukts über seine mobilen Bezahldienste. Und Indien wartet darauf, mit einem ähnlichen System 300 Mio. Menschen, die keine Bankschalter kennen, aber Mobiltelefone, auf diese Weise an das nationale Finanzsystem anzuschließen (McKinsey Global Institute, India’s technology opportunity: Transforming work, empowering people, Dezember 2014). Einen Anfang hat die ICICI-Bank gemacht. Dort kann Geld schon via Twitter transferiert werden.
Sicher ist: Die Technik ist nicht das Problem. Die Nutzer werden über den Erfolg des mobilen Bezahles entscheiden. Und wenn sie ihr Ja gesprochen haben, wird es interessant sein zu sehen, wer sich das Geschäft schnappt: die Etablierten oder die (nicht mehr ganz so jungen) Wilden.