Digitales Marketing wird als Disziplin immer bedeutsamer. Aber ist das eher Absichtserklärung oder ernsthaft gemeint? Der entscheidende Indikator für die Ernsthaftigkeit ist, wenn der "corporate" Geldbeutel geöffnet wird.
Gartner hat zwischen Juli und September 2013 285 Verantwortliche im Marketing aus verschiedenen US-amerikanischen Branchen befragt und ermittelt, dass sich der Trend abzeichnet, dass Marketingbudgets verstärkt in den Bereich digitales Marketing fließen. Zehn Prozent soll der Zuwachs 2014 betragen. Das klingt nach viel.
Bei einem zweiten Blick relativiert sich das wieder: Während im Jahr 2013 durchschnittlich 3,1 Prozent der Unternehmenserlöse in digitales Marketing flossen, werden das dann 2014 ca. 3,4 Prozent sein. Den Trend zur Erhöhung bestätigt auch eine Analyse von Responsys/eConsultancy. Diese hatten etwa zum selben Zeitpunkt herausgefunden, dass 71 Prozent der Unternehmen ihre Aufwände für digitales Marketing erhöhen wollen.
Einig sind sich die beiden Studien auch, was die hauptsächliche Verwendung der "Digitalmittel" angeht: Bei Gartner fließt mit 12,2 Prozent der Löwenanteil in Werbeformate, Reponsys/eConsultancy formulieren eine Tendenz hin zu "paid media". Ein weiterer großer Kostenposten neben den Werbeformaten ist die Webseite. Auf den Plätzen – dicht gedrängt – folgen: Digital Commerce, Social Marketing, Mobile Marketing und Content Creation.
Der Trend zum digitalen Marketing scheint sich also – zumindest in den USA – zu bestätigen. Auch wenn bei einem Gesamtvolumen von einem Drittel des Marketingbudget-Volumens (3,1 % vs. 10,7%) noch Raum nach oben ist.
Ein weiterer Faktor, der noch erwähnenswert ist: Wenn die Bedeutung des digitalen Universums für das Marketing immer wichtiger wird, dann ist es logisch, dass das Marketing auch spezielle Kompetenz dafür aufbaut. Die liegt dann weniger im Aufsetzen von Kampagnen, sondern in der Kenntnis der Mechanismen der digitalen Welt und auch der zugrunde liegenden technischen Möglichkeiten. Nicht von ungefähr wird bereits seit einigen Jahren diskutiert, dass der CMO irgendwann über größere IT-Budgets als der CIO verfügen wird.
Gartner nennt diesen Experten für das digitale Marketing den "Chief Marketing Technologist". 81 Prozent der befragten Unternehmen haben eine solche Stelle bereits geschaffen. Harvard Business Review sieht diese Rolle als Bindeglied zwischen Marketing und IT. Die eingesetzten Technologien (und Tools) sollen mit den Geschäftszielen harmonisiert werden oder sie sollen gar neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln. Die digitale Transformation erreicht zuerst das Marketing, hatten wir vor einer Weile getitelt. Tatsache ist: Marketingverantwortliche müssen sich über kurz oder lang vollumfänglich der Herausforderung der Digitalisierung stellen – eine Webseite reicht da schon lang nicht mehr. Technische Kompetenz wird da zum Überlebensfaktor und zum Sprungbrett für Unternehmens-Mehrwert durch Marketing. L'Oreal hat sich dabei ein wenig in die Karten schauen lassen.