Eine kleine Erfindung alle zehn Tage, eine große alle sechs Monate” – wäre Edison in den heutigen Zeiten geboren worden, er hätte reichlich Inhalte, mit denen er sich im Web vorstellen könnte. Für alle Unternehmen, die nicht jeden Tag Glühbirne, Telegraph oder Grammophon auf den Markt bringen, gilt es, einen Plan zu entwickeln, mit welchen Inhalten sie sich präsentieren wollen. Es geht ums Content Marketing.
Gut, nicht jedes Unternehmen ist Google, Amazon oder IBM, die selbst fahrende Autos,Web-Brillen, Drohnen, Roboter oder Jeopardy-aufmischende Watsons in die Welt setzen. Und nicht jeder kann einen Weltrekord-Stratosphären-Sprung wie Red Bull finanzieren. Nur die wenigsten Unternehmen beschäftigen sich mit Themen, die wie Science Fiction anmuten, programmieren Devices, mit denen sich Wurmlöcher (oder wenigstens 3D-Abbilder davon) erzeugen lassen. Und die meisten CEOs oder CMOs können weder bauchreden noch Einrad fahren.
Aber Inhalte zählen nach wie vor – vielleicht heute sogar ein wenig mehr als noch vor 10, 20 Jahren. Das Web oder die Zeiten der Digitalisierung haben eine Anspruchshaltung wachsen lassen. Eine Anspruchshaltung nach unterhaltsamen, verständlichen, mehrwertigen oder gut konsumierbaren Inhalten. Am besten eine Mischung aus all dem Vorgenannten. Diese Anspruchshaltung von Nutzern, Kunden, Interessenten (und nicht zu vergessen: Mitarbeitern) erreicht im Zuge der Consumerization, also des Ineinanderfließens von Privat- und Geschäftsleben, auch die Unternehmen. Und das ist “nur” die Seite der Menschen. Für Google, das just vor wenigen Wochen seinen Panda-Algorithmus angepasst hat, wird das Thema “interessante Inhalte” auch immer wichtiger. Das ist in einfachen Worten die Vorgeschichte von Content Marketing.
Content Marketing ist ein Ansatz, der weit über die sozialen Medien hinausgeht. Content Marketing steht für eine Haltung, Inhalte passend und verständlich aufzubereiten. Und zwar nicht primär mit dem Blick auf das Unternehmen, sondern im Kontext des Mehrwerts, der Unterhaltung, der Themen, die die Zielgruppen umtreiben oder gar interessieren. Es geht also nicht in erster Linie darum, das Unternehmen zu präsentieren, sondern Inhalte oder gar Werte, für die das Unternehmen steht. Es geht darum, Bezugspunkte für das Unternehmen in die Welt seiner Kunden zu schaffen und diese Brückenköpfe zu nutzen, um sich selbst zum Teil dieser Erlebniswelt zu machen. Wenn das emotionale Inhalte sind – umso besser (siehe Red Bull).
Content Marketing steht damit
1. für eine Bestandsaufnahme, welche Inhalte und Werte ein Unternehmen hat
2. für eine Prüfung, ob diese ausreichen, sich auf dem Markt der Information und des Entertainments dauerhaft zu platzieren
3. für einen Abgleich, mit welchen Marktthemen sie zusammengeführt werden können
4. eine Strategie, wo man ggfs. weitere Inhalte generieren oder nachnutzen kann
5. die Aufbereitung der Inhalte als appetitliche Informationshappen für online- und offline-Kanäle (so dass Menschen vielleicht dafür bezahlen würden).
Inhalte also. Gerade der letzte Punkt bietet Unternehmen, die komplexe Produkte anbieten, eine Chance, sich im Markt als Berater zu positionieren. So können IT-Anbieter beispielsweise einerseits die Trends des Marktes für Nicht-IT-Leute verständlich aufbereiten und im gleichen Zuge ihre Lösungen oder Kundenbeispiele zur Erläuterung heranziehen (z.B. als Use Case) .
Das wäre ein optimaler Ansatz, um die puren geschäftlichen Interessen des IT-Anbieters mit der Erlebniswelt der Entscheider in potenziellen Kundenunternehmen zu verbinden. Sozusagen “hartes” (business- und lösungsnahes) Content Marketing – im Gegensatz zum “weichen” Content Marketing, das mit stärkerem Freizeittouch daherkommt.
Aber wieso für Nicht-IT-ler? Der traditionelle Ansprechpartner für B2B-IT-Anbieter ist doch der IT-Verantwortliche. Und der versteht die IT-Sprache? Allerdings entscheiden nicht nur die IT-Verantwortlichen über die Einführung einer neuen Lösung, sondern auch die Fachbereiche. Und dort sitzen Menschen, die IT als Mittel zum Zweck verstehen und nicht in Partitionen, I/O-Raten, Load Balancing oder Network Adress Translation denken. Und diese Entscheider müssen IT-Dienstleister erreichen. Sie müssen verstehen, was IT für sie tut.
Zusätzliche Brisanz bekommt diese Herausforderung, da IT-Budgets immer häufiger, so zeigt beispielsweise eine Studie von Avanade, außerhalb der IT-Abteilung verwaltet werden (Lünendonk* pflichtet dieser Ansicht bei, Gartner** und Forrester** sehen das Moment einer stärkeren gemeinschaftlichen Enstcheidung von IT und Fachbereichen). Das bedeutet, dass IT-Dienstleister, die mit Unternehmen ins Geschäft kommen müssen, ihre Leistungen auch verständlich für Fachbereiche darstellen müssen.
Die Unternehmen, denen dieser Informationstransfer am besten gelingt, verschaffen sich einen klaren Wettbewerbsvorteil um künftige IT-Budgets. Zudem erhalten sie kostenlose Reichweite im Web – und bei geschicktem Einsatz der Darbietung ihrer Inhalte auch einen Ansatz, über Inbound Marketing direkt Leads zu generieren. Alles in allem gute Gründe, sich mit Content Marketing zu beschäftigen – “hartem” und “weichem”.
* Lünendonk-Studie, zitiert in Computerwoche
** Gartner, Forrester zitiert in CIO
Michael Firnke und der Hanser-Verlag haben eine Blogparade zu dem Thema gestartet. Sicher hat der eine oder andere auch noch Ideen zu dem Thema.