Meine eigene Wohnung zu teilen? Warum nicht? Und zwar mit jedem, der Interesse hat. Bei meinem Besuch auf der CeBIT hörte ich zum ersten Mal den Begriff „Shareconomy“. Das Wort hat mich irgendwie sofort angezogen. Und ich hatte das Glück, an ein paar Vorträgen führender Köpfe der internationalen ITK-Branche teilnehmen zu können. Ich lernte, dass Shareconomy den Wandel der Wirtschaft und der Gesellschaft vom bisherigen Haben hin zum Teilen bedeutet. Außerdem wurde mir bewusst, dass ihr ein riesiges Potenzial inne wohnt, unsere Wirtschaft und auch unseren Lebensstil zum Positiven zu verändern.
Doch warum kommt das mit dem Teilen erst jetzt, wo Menschen doch von Natur her, soziale Wesen sind. Laut JP Rangaswami, salesforce.com Chief Scientist Officer, ist das Teilen in den vergangenen Jahrtausenden immer ganz natürlich gewesen, weil die Menschen früher in einem sehr begrenzten und engen Umfeld lebten. Sie konnten bedenkenlos tauschen und teilen. Doch die Verfügbarkeit von Massentransportmitteln und auch Massenproduktion schafften es in kurzer Zeit, die Menschen immer weiter auseinander driften zu lassen und individueller und egoistischer zu machen. Das Besitzen gewann - nicht zuletzt dank des Kapitalismus - immer schneller und immer stärker an Bedeutung.
Nun ist ein Umschwung im Gange, denn nicht zuletzt dank des Internets und der sozialen Netzwerke können wir leichter zurück zu unserer ursprünglichen Lebensform zurückkehren. Ein verbundeneres Leben ermöglicht uns, Dinge wieder zu teilen. In der Wirtschaft bedeutet das einen Umbruch. Neue Märkte, die von neuen Geschäftsmodellen bedient werden. Beispiele sind u.a. Car2Go von Daimler, ein Carsharing-Model, das sich als neue Mobilitätsform zunehmend stärker durchsetzt, oder airbnb.com, ein Community-Marktplatz, der weltweit die einfache Vermietung und Buchung von Unterkünften ermöglicht. Ich selbst habe auf meinem letzten Urlaub in Las Vegas die Möglichkeit genutzt, Airbnb einmal auszuprobieren. Die Erfahrung war zwar gut, aber meine Erwartungen waren wohl zu hoch. Für 60 Dollar hatte ich eigentlich ein besseres Zimmer erwartet. Das heißt aber nicht, dass ich das zum letzten Mal gemacht habe. Denn mit der zunehmenden Nutzung und der geteilten Erfahrungen anderer Nutzer, werde ich beim nächsten Mal sicher besser wissen worauf ich mich einlasse. Insgesamt war es eine gute Erfahrung und etwas, dass ich auch anderen Menschen ermöglichen will. So biete ich bereits selbst eine Unterkunft auf dem Airbnb-Marktplatz an. Wenn man so will, dann ist also mein bescheidener Beitrag zu Shareconomy in Deutschland bereits da. :-)
Fakten
Wie gerne teilt man in Deutschland? Gemäß einer Bitkom-Studie mit 1000 Studienteilnehmern ist Deutschland einem guten Weg zu einer Gesellschaft des Teilens und Tauschens zu werden, vor allem die junge Generation. Wie auch erst vor kurzem die bundesweiten Hilfsaktionen im Rahmen der Flutkatastrophe gezeigt haben. Zurück zur Studie, sie besagt, dass 83% aller Internetnutzer bereits Inhalte im Internet teilen und sogar 97% der Digital-Natives (zwischen 14 und 29 Jahre alt) dies tun. Die Studie hat auch ergeben, dass Deutsche am liebsten Links, persönliche Fotos oder auch eigene Erfahrungen mit Produkten und Dienstleitungen teilen. Weniger verbreitet ist das Teilen von eigenen Videos und Texten. Spannend fand ich, dass 73% der Deutschen glauben, dass die Popularität von Carsharing, Couchsurfing, Bikesharing, Tauschbörsen und Co. weiter ansteigen wird. Dasselbe glauben sie hinsichtlich der Beteiligung mit Ideen und Geld: schon mehr als 2,4 Mio. Euro wurden bis Dezember 2012 in Deutschland bereits auf Crowdfunding-Plattformen eingesammelt.
Die BITKOM glaubt trotzdem, dass Tauschen und Teilen zunächst ein Nischengeschäft bleibt, denn man ist der Meinung, dass es vielen Nutzern an Vertrauen fehle. Was, wenn die eigene Wohnung oder das Auto einen Schaden nimmt? Wer kommt dafür auf? Gerade in Deutschland ist das ein heikles Thema, wo doch Autos nach wie vor so wichtig scheinen. So ist es wenig verwunderlich, dass Shareconomy nicht von traditionellen Familienunternehmen voran getrieben wird, sondern hauptsächlich junge Unternehmen (Start-Ups) diese Branche prägen, die ihre Chancen auf neuen Feldern suchen.
Nachhaltige Shareconomy
Nach einer kleinen Recherche zum Thema merkte ich schnell, dass Shareconomy alle Nachhaltigkeitsdimensionen umfasst: Shareconomy ist ökonomisch, ökologisch, sozial und auch technologisch fortschrittlich. ;-)
Ökonomisch bedeutet die Nutzung neuer Kommunikationsmöglichkeiten in Unternehmen die Möglichkeit Partner, Berater, Lieferanten und Kunden stärker einzubinden. Die Grenzen zwischen den Unternehmen werden durchlässiger, und das Teilen von Wissen, Kontakten und Ressourcen wird - den zahlreichen Bedenkenträgern hinsichtlich Datenschutz zum Trotz - zunehmen. So finden sich teilweise schneller neue Absatzmärkte, teure Ressourcen können geteilt und einfache Dienste gemeinschaftlich industrialisiert werden.
Der Umweltschutzaspekt hat eine große Bedeutung bei der Shareconomy. Viele noch voll funktionsfähige Produkte, die man selbst nicht mehr braucht, könnten für jemand anderen nützlich sein. Online-Marktplätze wie www.kleiderkreisel.de, www.whyownit.com oder www.netcycler.de bieten hier Möglichkeiten für ein klügeres und zeitgemäßeres Teilen. So kann vermieden werden, dass intakte, aber nicht mehr benötigte Produkte vorschnell auf die Müllkippe landen.
In Bezug auf die Sozialaspekte finden sich ebenso neue Geschäftsmodelle, beispielsweise das „Foodsharing“. Auf der Internetseite www.foodsharing.de können wir den Inhalt unseres Kühlschranks verschenken, z. B. bevor wir in Urlaub gehen. Für mich klingt all dies danach, dass in unserer Gesellschaft ein großer Mentalitätswandel stattfindet. Teilen statt immer nach Besitz, dem Neuesten oder dem Besten zu streben. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass es ein schneller Wandel sein wird. Der Weg ist noch weit und ich bin gespannt, mit welchem Tempo sich die Shareconomy entwickeln wird.
Wie ist es bei Dir? Bist du schon bereit für das Teilen? Was hast du zur Shareconomy schon beigetragen?
Bildquelle: Birgit H., pixelio.de
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